Georges Paul – Baritonsaxophon, Kontrabaß | Michael Zerang – Schlagzeug, Perkussion
Guardini Galerie, Askanischer Platz 4, 10963 Berlin | 2G+ | Eintritt: 10,00 €
Die Coronapandemie und die damit verbundenen Einschränkungen haben direkte Konsequenzen auf das Kulturleben. Dialogformate sind geschrumpft, in großem Umfang sind kleinere unabhängige oder periphere Räume, nicht institutionell subventionierte Veranstaltungsorte und Organisationen, aber auch die involvierten Künstler*innen von der Situation betroffen. Darüber hinaus sind auch gesellschaftliche Diskurse, Kooperationen und künstlerische Osmosen unmittelbar berührt. Die Isolation führte dazu, dass insbesondere internationale Kooperationen sowie die Bildung von Partnerschaften zwischen Kunstschaffenden nahezu unmöglich waren. Um so wichtiger ist es, während dieser Zeit für Musiker*innen und performative Künstler*innen aktiv zu bleiben und neue, relevante Ideen zu entwickeln, die einerseits nicht statisch, sondern interaktiv und andererseits umsetzbar trotz der limitierten Möglichkeiten für öffentliche Auftritte sind.
Die Idee, Musik und visuelle Ästhetik im Rahmen des Programms „Scattered Scenes“ zu verbinden, entstand während der Pandemie. Aufgrund der Isolation sind häufiger die Grenzen der Dialektik zwischen der inneren und äusseren Wahrnehmung flüssiger geworden. Mit „Scattered Scenes“ präsentieren Paul und Zerang einen musikalischen Versuch, der darauf ausgerichtet ist, Kontexte für verstreute Erfahrungen zu bilden.
Georges Paul und Michael Zerang arbeiten zusammen seit 2019. Sie verbindet eine gemeinsame Vision über experimentelle Musik und Klangästhetik. Diese transatlantische Partnerschaft führte zu mehreren gemeinsamen Auftritten und Projekten wie etwa im Dialograum Kreuzung an Sankt Helena, im Rahmen des Formats Soundtrips NRW und im Domicil in Dortmund.
Georges Paul – Baritonsaxophon, Kontrabaß
Georges Paul wurde 1982 in Thessaloniki geboren und begann seine musikalische Ausbildung parallel zum Philosophie- und Theologiestudium in Griechenland, Frankreich und Deutschland. Er studierte klassischen Kontrabass, ferner verschiedene Blasinstrumente, insbesondere Saxophon. Er spielt frei improvisierte und neue Musik, er ist stark interessiert an elektroakustischer Musik und beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen zeitgenössischer Improvisation und philosophischer Ästhetik sowie dem Auffinden neuer Methoden und Techniken zur Erschließung des Klangs. Er ist Initiator der In Situ Art Society, Kurator der Konzertreihe „The Dissonant Series“, wie auch der parallel stattfindenden Konzertreihe „Comment Dire“. Zu seinen akademischen Interessen gehören u. a. der deutsche Idealismus, insbesondere Hegels Logik sowie Karl Marx und Theodor W. Adorno.
Michael Zerang – Schlagzeug, Perkussion
Michael Zerang ist ein amerikanischer Perkussionist, Schlagzeuger und Komponist, der im Bereich des Creative Jazz und der Improvisationsmusik hervorgetreten ist. Zerang besuchte in seiner Geburtsstadt von 1977 bis 1978 das Wright College for Liberal Arts and Music Courses, um dann bis 1982 auf der Roosevelt University Musiktheorie und Komposition (bei Don Malone) zu studieren. Seit 1976 ist Zerang als professioneller Musiker aktiv. Er war an der Einspielung von mehr als 40 Alben beteiligt und spielte in Bands wie dem Vandermark Quartet, Dream Cheese, In Zenith und Broken Wire. Weiterhin arbeitete Zerang auch mit Fred Anderson, Mats Gustafsson, Jaap Blonk, Barre Phillips, Hamid Drake, Mikolaj Trzaska, Luc Houtkamp und im Trio mit Axel Dörner und Fred Lonberg-Holm. Zwischen 1997 und 2013 gehörte er dem Chicago Tentett von Peter Brötzmann an. Mit Gebhard Ullmann, Steve Swell und Fred Lonberg-Holm bildet er Ullmann/Swell´s Chicago Plan. Zerang komponierte für Ballett, Theatergruppen, Performancekünstler*innen, Ensembles der Neuen Musik sowie Film- und Videokünstler*innen. Weiterhin war er als Gastdozent an der School of the Art Institute of Chicago, dem Dance Center of Columbia College und an der Northwestern University tätig.
Schlusswort – Kuration
Unter dem Titel „Comment Dire“, entliehen von Samuel Becketts letztem Gedicht, präsentiert Georges Paul seit Juli 2015 eine Veranstaltungsreihe, deren Schwerpunkt auf der Förderung strukturell unterrepräsentierter Musik und Kunst liegt. „Comment Dire“ ist als Format aus der Notwendigkeit heraus entstanden, die hiesige Kulturlandschaft durch Aufführungen experimenteller Musik und Kunst, Vorträge über aktuelle Themen der Ästhetik, bildungsbezogene Aktivitäten wie Workshops und intermediale Projekte mitzuprägen und zu erweitern. Die Reihe ist somit eine Experimentierplattform, die sich nicht nach dem Prinzip der Verwertung oder einer von oben herab oberflächlichen Nachahmung künstlerischer Ideen, sondern nach innovativen, autonomen und qualitativ hochwertigen Inhalten richtet.
Das Veranstaltungsformat zeichnet sich insbesondere durch seine Interdisziplinarität, Intermedialität und Internationalität aus. Die vielfältigen Konzerte und Vorträge sollen dazu dienen, allen Interessierten den oft nicht leicht zugänglichen Bereich experimenteller Kunst und Musik zu eröffnen, wodurch ein kreatives Eröffnen neuer Sichtweisen auf die Wirklichkeit ermöglicht werden soll. Dabei möchte das Format offen bleiben für Beiträge aus den unterschiedlichsten Disziplinen. Obwohl das Angebot der Veranstaltungen auf experimentelle Kunst und insbesondere Musik spezialisiert ist, liegt es dem Format fern, exklusiv zu sein.
Seit der Gründung des Vereins In Situ Art Society setze sich Geroges Paul kuratorisch dafür ein, ein Bewusstsein für Marginalisierungsprozesse in der Kunst- und Kulturwelt zu wecken. In dem Sinne ist seine Arbeit stets darauf gerichtet, durch einen Perspektivwechsel das hiesige Kulturangebot zu erweitern. Insbesondere im Bereich der Musik war es ihm immer ein wichtiges Anliegen, auch einen nicht zentraleuropäischen Blick zu fördern.
Das Format „Comment Dire“ wurde bereits durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, durch die Initiative Musik sowie durch den Musikfonds e. V. gefördert und umfasst inwzischen mehr als 80 Konzerte. 2019 und 2021 ist dieses Format mit dem Musikpreis „APPLAUS – Auszeichnung der Programmplanung unabhängiger Spielstätten“ durch die ehem. Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters ausgezeichnet worden. „Comment Dire“ beherbergte bereits, neben mehreren lokalen Künstler*innen, viele international renomierte Musiker*innen wie Irena Z. Tomažin, Mariá Portugal, Barry Guy, Tim Daisy, Michael Zerrang, Chris Corsano, Bill Orcutt, Oren Ambarchi, Kaja Draksler, Dave Rempis, Fred Lonberg-Holm, Frank Rosaly, Steve Noble, Ab Baars, Roscoe Mitchell, Toshinori Kondo, Ken Vandermark und Paal Nilssen-Love.
Titelbild: (c) Marko Blazevic
15. März 2022
19:00 Uhr
Guardini Stiftung
Askanischer Platz 4
10963 Berlin