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Ausstellung | Federico Solmi | The drunken boat

Ausstellung
Federico Solmi | The drunken boat

Kuratiert von Larissa Kikol | Eine Kooperation der Galerie Kornfeld Berlin und Anita Beckers Franfkurt mit der Guardini Stiftung e. V.

Geöffnet montags bis samstags von 13:00 bis 18:00 Uhr
Sonderöffnungszeiten am Gallery Weekend vom 28. bis 30 April 2023 jeweils 11:00 bis 19:00 Uhr
Geschlossen am 12., 18. und 29. Mai und am 16. Juni 2023

Federico Solmi zeigt eine Auswahl von Animationsarbeiten, in denen er spielerisch und respektlos Aspekte des heutigen Lebens und der westlichen Gesellschaft durch absurde Erzählungen darstellt. Als Multimedia-Künstler kombiniert Solmi Zeichnung und Malerei mit neuen Technologien wie 3D-Animation und neuer Videospiel-Software. Solmi inszeniert eine virtuelle Welt, in der unsere Leader zu Marionetten werden und die Absurdität ausbeuterischer Handlungen betont wird. Dabei nutzt er das Mittel der Satire, um eine dystopische Vision unserer heutigen Gesellschaft darzustellen.

Die Kuratorin Larissa Kikol zur Ausstellung:

Was sind Märchen, wenn sie nicht zur Wahrheitsfindung dienen? Federicos Kunst erzählt Geschichten in einem grotesken, karnevalsartigen Setting. Mit Luftballons, Alkoholflaschen und Reitern hinterfragen sie die offizielle amerikanische Geschichtsschreibung. Ein „sozial-surrealistischer Ansatz“ nannte der Kurator Larry Ossei-Mensah die Arbeitsweise von Solmi. Die offizielle Geschichte, so wie man sie auch in Schulbüchern findet, wurde lange von den Siegern geschrieben; manipulierend, lügend, und mit falschem Heldentum ausgestattet. Grausamkeiten wie der Völkermord an den Indianern oder falsche Tatsachen, wie zum Irakkrieg, wurden zu lange geschönt und als Gewinnergeschichte ausgegeben. Bücher wie Lies My Teacher Told Me – Everything Your American History Textbook Got Wrong, oder A People’s History of the United States von Howard Zinn prägten Solmi stark. In Letzterem schreibt Zinn über die Vorherrschaft von Eliten, über Klassenkämpfe, den Einfall der weißen Europäer und das Vertreiben der indigenen Völker. Federico Solmi erzählt neue Geschichten, versucht zu korrigieren und der Wahrheit näher zu kommen. Dafür bedient er sich dem Storytelling, er ist Regisseur, Maler, Dramaturg, Bühnen- und Kostümbildner zugleich. Solmis Welten überzeugen mit einzigartiger, satirischer Surrealität. Es sind Träume, Alpträume, Tagträume, tragisch, lustig, beängstigend, feierlich bedrohlich. Federico Solmis Kunst ist in Wahrheit eine Kunst der Narration. Kaum jemand weiß Malerei und Virtual Reality (VR) dafür so geschickt miteinander zu kombinieren wie er.

Seine Figuren tragen übertriebene Kostüme, sie bewegen sich langsam und puppenhaft, ihre Körper scheinen zu pendeln, auszuholen und dann wieder zurückzukreisen. Ihre Haut trägt keine Theaterschminke, sondern Pinselgesten, ihre Gesichter sind keine Masken, sondern Malerei. Mal sind sie betrunken, mal verloren. Ähnlich wie beim expressionistischen Film verschmelzen die Umwelt und die Figuren zu einem Gesamtkunstwerk. Realität wird durch Verfremdung dargestellt. Solmis Surrealismus erzielt genau den gänsehautartigen Schrecken, der nicht von vorne kommt, sondern von der Seite – kleine Fingerspitzen, die einen plötzlich berühren und die Körperhaare abstehen lassen. Dass hierin etwas Wahres liegt, erfährt man schleichend, fühlend und dann mit Gewissheit, wenn das Unbehagen den Magen erobert und siegreich seine Fahne setzt.  

Führer und Präsidenten winken und repräsentieren sich, sie plustern sich auf und entlarven sich dabei als virtuelle Hohlkörper, die mit Malerei überzogen wurden. In ihrem Stolz machen sie sich lächerlich, Autoritäten verlieren ihr Ansehen. Je mehr Macht sie zu haben glauben, umso mehr werden sie zu der eigenen, satirischen Hinterfragung ihrer Existenz. Ihr Lächeln sind Fratzen, zwischen all der bunten Feierlichkeit schwingt der Schrecken in Marschmusik rhythmisch mit. Das, was wie offizielle Staatszeremonien ausschaut, erschöpft sich in einem After-Party-Delirium, in dem die vermeintlichen Helden fallen. Ihr mechanischer Bewegungsradius wird zum Hamsterrad.   

Malerische Spuren erfahren in Solmis Gesamtkunstwelten neue Bedeutungen. Sprenkel und Flecken werden zu Lichtern, Reflektionen oder zu vermeintlichem Konfettiregen. Expressionistisch rotübermalte Münder werden zu Horror-Clown-Masken. Phantastische Unheimlichkeiten wie bei Francisco José de Goya erscheinen in der Erinnerung, aber auch Filme wie Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens oder Das Cabinet des Dr. Caligari bis hin zur Malerei von George Grosz. Doch bei Federico Solmi wirkt vieles zunächst wie eine Komödie. Das Heitere löst sich jedoch immer wieder auf, beispielsweise durch die Farben der Haut, die niemals stillstehen. Die Gesichter sind gezeichnet, wie Narben ziehen sich Farben und Gesten durch sie, tauchen auf und verschwinden wieder. Das sich wandelnde Antlitz macht die Persönlichkeit der Figur brüchig. Wer ist sie und wer oder was steckt dahinter? 

In den reinen Malereien übersetzt Federico Solmi auch die digitalen, geometrischen Gerüste, mit denen man Volumen und Körper baut, in Pastell- und Tuschekompositionen. Die hellen Linien erstrahlen wie Sternketten oder Federn, sie gehen fast tänzerisch in ihrem neuen analogen Dasein auf. Hier reiten Benjamin Franklin und George Washington gespensterhaft durch ein Nirgendwo. Ein Umfeld gibt es nicht, die Videowelten sind ausgeblendet, die weißen Führer reiten ins Nichts. Wer sich länger mit Solmis Arbeiten beschäftigt, der wird keinen Staatsauftritt mehr unvoreingenommen beschauen können. Im inneren Auge flackern die Pinselhiebe auf den Wangen der Präsidenten auf, und dann, an einem überraschenden Moment, ziehen sich die Mundwinkel zu roten Flüssen auseinander. Federico Solmis Weltentwürfe verbinden sich in ihrer surrealen Malerei nicht nur mit der Videotechnologie, sondern auch mit den Bildern, die wir durch die Medien konsumieren. Letzten Endes wird nicht nur die eine, sondern jede Realität sehr viel fragwürdiger.“

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Titelbild: Federico Solmi, The Plastered Fathers, 2020 | Acryl, Blattgold auf verformtem Plexiglas, LED Screen, Videoloop, 91 x 61 x 10 cm

PROGRAMM

21. April 2023 | 18:00 Uhr
Vernissage

29. April 2023 | 17:00 Uhr
Artist Talk | Larissa Kikol im Gespräch mit Federico Solmi (in englischer Sprache)

22. April 2023 – 21. Juni 2023
13:00 – 18:00 Uhr

Guardini Stiftung
Askanischer Platz 4
10963 Berlin