Fachtagung | Heilige Orte, verfluchte Orte

Fachtagung | 21. bis 23. November 2019

Heilige Orte, verfluchte Orte. Stadt als Verheißung und Verdammnis

Projekt „Stadt und Religion“

Religion ist zurück in den Städten. Vielleicht war sie nie verschwunden. Doch heute ist sie präsent in einer Weise, dass die lange für selbstverständlich gehaltene Gleichsetzung von moderner Urbanität und zunehmender Säkularisierung heftig ins Straucheln gekommen ist. Diagnostizierten Städteforscher schon vor 15–20 Jahren einen starken Bedeutungszuwachs der Religionen vor allem in den Städten und Megacitys des globalen Südens, so erfahren heute auch die europäischen Metropolen vielfältige neue Einflüsse durch die Religionen. Während weltweit vor allem das rasante Wachstum der Pfingstkirchen und des Islam – neben stärker regionalen Phänomenen wie dem Shivaji-Kult in Mumbay – Aufmerksamkeit erregt, sind die Veränderungen in einer Stadt wie Berlin vielseitiger und widersprüchlicher. Sie haben zu tun mit Migration, aber auch mit einem Wandel des religiösen Selbstverständnisses.

Diese Konferenz, organisiert im Rahmen des mehrjährigen, vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat finanzierten Projekts „Stadt und Religion“ der Berliner Guardini Stiftung, fragt nach der Bedeutung von heiligen Orten. Es ist eine alte Frage, zu der es etablierte Forschungsansätze gibt. Aber es ist im Zuge der beschriebenen Entwicklungen auch eine ganz neue Frage: Wie bestimmen „heilige Orte“ – immer noch oder wieder – die Struktur einer Stadt oder eines Kiezes? Wie steht es um die Selbstverständlichkeit „heiliger Orte“ vor dem Hintergrund eines zunehmenden religiösen Pluralismus? Wie können solche Orte die städtebauliche Planung und Organisation beeinflussen? Wie steht es aber auch um die „verfluchten Orte“, die in ihrer strukturellen Abgrenzung von der „normalen“ Stadt ähnlich herausgehoben sind wie ihre sakralen Pendants? Wie werden verfluchte Orte durch Mahnung, Erinnerung, Innehalten ebenfalls sakralisiert? Nicht zuletzt ist aber auch die Stadt selbst seit jeher ein religiöser Topos und besonderer Sehnsuchtsort. Als Typus und in der Realität ist und war sie immer wieder ein Ort der Verheißung, wurde aber allzu häufig auch zu einem Ort der Verdammnis.

Die Konferenz widmet sich diesen Fragen vor dem Hintergrund einer sozial- und kulturwissenschaftlichen Debatte, die in jüngster Zeit verstärkt über eine Reterritorialisierung des Raumes und die Bedeutung des Ortes nachdenkt. Im Zuge des Verlustes traditioneller Identitäten und metaphysischer Sicherheiten reflektiert sie damit auch ein offenbar wachsendes Bedürfnis nach Bedeutungs- und Bestimmungsorten, wie sie gerade die Religion kennt.

Flyer inkl. Programm zum Download

Pressemappe zum Download

Abb.: Detail aus: Rehav Rubein, Image and Reality. Jerusalem in Maps and Views, Jerusalem 1999, S. 28, Tafel 8 | Grafikdesign Anja Matzker

Fachtagung | Heilige Orte, verfluchte Orte – Guardini Stiftung e.V.

Ein Projekt der Nationalen
Stadtentwicklung des
Bundes. Gefördert durch das
Bundesministerium des
Innern, für Bau und Heimat

PROGRAMM

Donnerstag, 21. November 2019 

Festsaal der Berliner Stadtmission, Lehrter Str. 68, 10557 Berlin
19:00 – 20:30 Uhr
AUFTAKT

Begrüßung
Michael Rutz (Präsident der Guardini Stiftung)

„Die Macht des Heiligen. Eine Alternative zur Geschichte von der Entzauberung“
Hans Joas (Humboldt-Universität zu Berlin)

Anschließend im Gespräch mit Gritt Klinkhammer (Universität Bremen)
Moderation: Ludger Hagedorn (IWM Wien)

Freitag, 22. November 2019

Festsaal der Berliner Stadtmission, Lehrter Str. 68, 10557 Berlin
10:00 – 10:15 Uhr

Begrüßung und Einführung
Ludger Hagedorn (IWM Wien)

10:15 – 12:45 Uhr
STADT ALS HEILSVERSPRECHEN
Moderation: Jakob Johannes Koch (Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz)

Religion als Element der städtischen Raumgliederung
Matthias Theodor Vogt (Hochschule Zittau/Görlitz)

Das Heiligtum als Strukturmerkmal des urbanen Raumes
Andreas Feldtkeller (Humboldt-Universität zu Berlin)

11:45 – 12:00 Uhr
Kaffeepause

„Wie mit der Leere umgehen?“ Jerusalems zerstörter Tempel und seine Stellvertreter, irdisch, himmlisch und politisch
Angelika Neuwirth (Humboldt-Universität zu Berlin)

12:45 Uhr
Mittagspause

13:45 – 14:45 Uhr
STADT UND RELIGION: HOCHSCHULKOOPERATION
Brandenburgische Technische Hochschule Cottbus-Senftenberg (Heinz Nagler) und Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin (Christa Georg-Zöller)

Postsäkulare Stadt – Die Sakralität des Ensembles in Stadt und Dorf

15:00 – 17:30 Uhr
STADT ALS FLUCH
Moderation: Sandra Lehmann (Universität Kassel)

Von Babylon über Jerusalem nach Berlin: Die Arbeit der Berliner Stadtmission
Pfr. Gerold Vorländer (Berliner Stadtmission)

Friedhof – Unheimlicher und erhabener Ort innerhalb und außerhalb der Stadt
Nina Kreibig (Humboldt-Universität zu Berlin)

16:30 – 16:45 Uhr
Kaffeepause

I’m the only one here. Die Stadt der Sünde im Kino
Hans-Joachim Neuabuer (Filmuniversität Babelsberg)

Guardini Galerie, Askanischer Platz 4, 10963 Berlin (Shuttle-Transport vor Ort)
18:30 – 19:30 Uhr
DIE SEELE DER STADT IN MUSIK UND LITERATUR

die nacht zu allerseelen | Uraufführung | Text: Norbert Hummelt | Musik: Stefan Lienenkämper
Irene Kurka (Sopran/Klangobjekte)

Lesung
Norbert Hummelt und Nancy Hünger

Grossstadtvolk | Uraufführung | Text nach René Schickele und Richard Dehmel | Musik: Stefan Lienenkämper
Irene Kurka (Sopran/Klangobjekte)

Samstag, 23. November 2019

Treffpunkt: Bauplatz House of One, Petriplatz, 10178 Berlin
10:00 – 12:30 Uhr

EXKURSION: STADTKONZEPTE UND BEKENNTNISORTE
Ein Ort für einen Gott? Das Projekt „House of One“
Imam Osman Oers und Roland Stolte (Stiftung House of One – Bet- und Lehrhaus Berlin)

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