Über Romano Guardini

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Romano Guardini zählt zu den bedeutendsten katholischen Religionsphilosophen und Theologen des 20. Jahrhunderts. Er gilt als wegweisender Inspirator der liturgischen Bewegung, war eine der führenden Persönlichkeiten in der katholischen Jugendbewegung und tat sich als akademischer Lehrer mit außergewöhnlich hohem Zuspruch hervor. Zu seinen Schüler und Bewunderern zählten u. a. die junge Hannah Arendt und die Geschwister Scholl. Mit seinem Schaffen gelang Guardini der Brückenschlag zwischen moderner Lebenswelt und religiöser Symbolik, zwischen Glauben und wissenschaftlicher Weltanschauung, zwischen Kunst und denkerischer Wirklichkeitsauffassung. Er bezeichnete sich selbst als „Konservativer mit Blick nach vorn“ und als „Renovativer mit Blick zurück“.

Biographisches

Im Februar 1885 wurde Romano Guardini in Verona geboren. Die Eltern zogen mit ihrem ersten Sohn bereits 1886 nach Mainz in Deutschland. Dort wuchs Romano als ältester von insgesamt vier Brüdern auf. Nach seinem Abitur am Humanistischen Gymnasium entschied er sich zunächst für ein Chemiestudium in Tübingen, das er abbrach und stattdessen Nationalökonomie in München und Berlin studierte. Nach drei Semestern wechselte er erneut das Fach und wandte sich der Theologie und der Philosophie zu. Anstatt Karriere als Ökonom zu machen, strebte er nun die Priesterweihe an, die ihm 1910 in Mainz gewährt wurde. Um in seiner Heimat Deutschland auch Religionsunterricht erteilen zu können, nahm er kurze Zeit später die hessische Staatsangehörigkeit an.

Seine Dissertation mit dem Titel „Die Lehre des Heiligen Bonaventura von der Erlösung. Ein Beitrag zur Geschichte und zum System der Erlösungslehre“ schloss er 1915 in Freiburg im Breisgau ab. Ab 1916 war er Mitarbeiter in der katholischen Jugendbewegung; 1920 zog es ihn auf die Burg Rothenfels am Main, wo er schon bald Mentor der Quickborner wurde. Zwei Jahre später habilitierte er sich mit einer weiteren Arbeit über Bonaventura. Kurz darauf wurde er vom damaligen preußischen Kultusminister Carl Heinrich Becker auf einen eigens für ihn geschaffenen Lehrstuhl an der Theologischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität (heute: Humboldt-Universität) für „Religionsphilosophie und Katholische Weltanschauung“ berufen. Bis zu seiner Amtsenthebung 1939 durch die Nationalsozialisten wirkte er dort äußert erfolgreich als Professor und Universitätsprediger. Seinen Studenten und Schülern versuchte er stets einen „Blick aufs Ganze“ zu vermitteln, der weit über die Strenge einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise hinausging. Auch die junge Hannah Arendt zählte zu seinen Bewunderern.

Nach seiner Amtsenthebung konnte er erst 1945 in Tübingen an der Philosophischen Fakultät der Eberhard Karls Universität seine Lehrtätigkeit wieder aufnehmen. 1948 wurde erneut ein Lehrstuhl für ihn eingerichtet, diesmal an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Bis zu seiner Emeritierung vier Jahre vor seinem Tod unterrichtete er dort „Christliche Weltanschauung und Religionsphilosophie“ und machte sich einen Namen als Universitätsprediger.

Romano Guardini gilt als Wegbereiter des Zweiten Vatikanischen Konzils, an dem er selbst jedoch wegen schwerer Depressionen nicht teilnehmen konnte. 1952 erhielt er (nach Albert Schweizer und Martin Buber) den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. 1958 wurde er in den Orden „Pour le Mérite“ aufgenommen. 1962 nahm er den Erasmuspreis in Brüssel entgegen. Drei Jahre vor seinem Tod bot ihm der damalige Papst Paul VI. die Kardinalswürde an. Guardini lehnte ab. Er starb am 1. Oktober 1968 in München an den Folgen eines Schlaganfalls. Seine Freunde entschieden, keinen seiner vielen erworbenen Titel in die Todesanzeige zu setzen. Sie schrieben stattdessen: „Romano Guardini – Diener des Herrn“.